Exklusiv -I-
They look at you. Waiting without blinking for something that irritates them. They have the urge to categorize others. Mystery is a necessary pastime for many. Posture, style of clothing and facial expressions tells everything they need to know. Yet not a word was lost. Only a few specimens open the face book of those around them and study their own innards. Most of the time they don’t get to the ugly parts anyway. Admittedly, these aren’t the first stories that we’ve thrown at others, even if you know them. They only release what they can bear themselves. This is how suppressed feelings and untreated trauma are born. Good prospects for someone like me. I’m sitting in the subway surrounded by many individual prologues. I have my headphones in my ears, I can’t stand the monotonous noise. I remember that we treat strangers who we involuntarily let into our private sphere as non-human. Normally, stepping into this zone by a stranger would trigger a fight or flight response. Provocative how the inmates’ red plastic chairs are placed next to each other, ignoring permission to enter. I’ll be honest, I think it’s better than any cabaret.
Mr. Small-time, who is crossing his patent leather shoes, next to Mrs. Tasteful, who is eating her muesli biscuits. The 20-minute fast is by no means a starvation drive. None of them knows who was sitting across from them, one would ask them later. I watch two rows in front of me as a little boy eats his booger. I switch, slightly disgusted, to a woman holding back tears. Pretty, but her gaze is as empty as a burst balloon. I am no better I forget her. Lots of them, but they all give me daydreams that I find more than amusing. I guess I’m the type of person who can only live with uncertainty to a certain extent. Invented realities are better than no realities. I like to give them a story that they don’t really know themselves. Sometimes I wish I could ask if my assessment made it into their existence. Self-reflection is at least as rare as empty parking spaces in the first district. By far not an easy task:
Let’s give them a gender -female.
A age -42.
A style of clothing -that is more reminiscent of a homeless person than a serious individual. Pants are way too short or pulled up way too high, I can’t really assess that. Of course with holes. A floral blouse, only half tucked in.
A face – cheeky hair, short and black, with rather crumbly lipstick, the underpriced brand.
She is probably an artist who wants to withdraw attention to her paintings with her looks. She can only afford second-hand clothes, but this makes her so skilled that she looks like a work of art herself.
Sie sehen dich an. Warten ohne Augenblinzeln auf etwas, dass sie reizt. Sie haben den Drang andere zu kategorisieren. Mysteriös ist für viele ein nötiger Zeitvertreib. Haltung, Kleidungsstil und mimische Sekundenbruchteile erzählen alles, was sie wissen brauchen. Dabei wurde noch kein Wort verloren. Nur ein paar wenige Exemplare öffnen das Gesichtsbuch der Umgebenden und studieren ihr eigenen Innereien. Meistens dringen sie sowieso nicht zu den hässlichen Anteilen vor. Zugegeben es sind nicht die ersten Geschichten, die wir den anderen zum Fraß vorwerfen, selbst wenn man sie kennt. Sie geben nur das frei, was sie selbst ertragen können. So werden unterdrückte Gefühle und unbehandelte Traumen geboren. Gute Voraussetzungen für jemanden wie mich. Ich sitze in der U-Bahn, um mich herum viele einzelne Prologe. Ich habe meine Kopfhörer in den Ohren, den monotonen Krach kann ich nicht leiden. Ich erinnere mich daran, dass wir unbekannte Personen, die wir unfreiwilliger Weise in unsere Intimsphäre lassen, als Nichtmenschen behandeln. Normalerweise würde das Betreten eines Fremden in dieser Zone eine Kampf- oder Fluchtreaktion auslösen. Provokant, wie die roten Plastikstühle der Insassen nebeneinander platziert sind und die Erlaubnis des Eindringens ignorieren. Ich bin ehrlich, ich finde es besser als jegliches Cabaret.
Herr Kleinkariert, der die lackierten Schuhe übereinander schlägt, neben Frau Geschmackvoll, die ihre Müsli-Kekse verspeist. Dabei ist das 20-minütige Fasten keineswegs eine Hungerfahrt. Keiner von ihnen weiß, wer vis-à-vis von ihnen gesessen ist, würde man sie später fragen. Ich beobachte zwei Reihen vor mir, wie ein kleiner Junge seinen Popel isst. Ich wechsle leicht angewidert zu einer Frau, die sich die Tränen zurückhält. Hübsch, aber ihr Blick so leer wie ein geplatzter Luftballon. Ich bin nicht besser. Ich vergesse sie. Viele von ihnen, aber sie alle liefern mir Tagträume, die ich mehr als amüsant finde. Ich bin wohl der Mensch, der mit Ungewissheit nur in gewissem Maße leben kann. Erfundene Realitäten sind besser als keine zu verwirklichen. Ich gebe ihnen gerne eine Geschichte, die sie selbst nicht so genau kennen. Manchmal wünschte ich mir, ich könnte fragen, ob es meine Einschätzung in ihre Existenz schafft. Selbstreflexion ist mindestens genauso rar, wie leere Parkplätze im ersten Bezirk. Mit Abstand keine leichte Aufgabe:
Geben wir ihnen ein Geschlecht -weiblich.
Ein Alter -42.
Einen Kleidungsstil -der eher an einem Obdachlosen erinnert, als an eine seriöse Individualität. Hosen viel zu kurz, oder viel zu hochgezogen, so ganz kann ich das nicht einschätzen. Selbstverständlich mit Löchern. Eine geblümte Bluse, nur halb eingesteckt.
Ein Antlitz -Haare frech, kurz und schwarz, mit ziemlich bröckeligem Lippenstift, der unteuren Marke. Sie ist vermutlich eine Künstlerin, die mit ihrem Aussehen Aufmerksamkeit auf ihre Gemälde ablenken will. Klamotten kann sie sich nur aus zweiter Hand leisten, aber das macht sie so geschickt, dass sie selbst wie ein Kunstwerk wirkt.
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